Turnverein Menslage

LUDWIG FOETH

Turnverein Menslage

Der Turnverein Menslage gehört seit nunmehr 7 Jahrzehnten seines Bestehens zu den dominierenden, volkstümlichsten und mitgliedsstärksten Vereinen unseres Kirchspiels.

Durch seine von jeher festgeschriebene Offenheit für alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen erfreut er sich bis in die Gegenwart einer großen Beliebtheit und eines Zuspruchs, der Ausdruck findet in der für einen dörflichen Verein außerordentlich hohen Anhängerschaft von über 300 Mitgliedern.

Das 800-jährige Jubiläum des Kirchspiels soll zum Anlass genommen werden, Rückschau auf die vergangenen 70 Jahre unserer Vereinsgeschichte zu halten, um damit jungen und kommenden Generationen aufzuzeigen und die ältere Generation zu erinnern, wie das Kirchspielgeschehen überhaupt, so auch die Geschichte des Vereins in diesem Zeitraum, bewegt und wechselvoll verlief.

Am 22. August 1920 gründeten aus dem Ersten Wellkrieg heimgekehrte Soldaten und andere junge Männer unseres Kirchspiels den Turnverein Menslage. Gründer und die ersten Turner waren:

Aloys Ehmig, Peter Fisser, Gustav Sommerkamp, Oskar Thesfeld, Hermann Dilly,

Dietrich Kamper, Hermann Bönker, Otto König, Fritz Schüttenberg, Ernst Schürmann, Heinrich Overbeck, Friedrich Hockemeier, Fritz Molan und Arnold König.

Mit Begeisterung ging man ans Werk und konnte sich schon bald einer großen aktiven Mitgliedschaft erfreuen, fand aber auch Freunde, die Mittel für die gute Sache zur Verfügung stellten, um Geräte wie Barren, Reck, Pferd usw. anzuschaffen. Schon ein Jahr nach seiner Gründung übernahm der T.V.M. im Jahre 1921 das Verbandsturnfest.

Bemerkenswert und aus heutiger Zeit nicht mehr vorstellbar ist die Tatsache, dass in

Ermangelung besserer Übungsplätze die leichtathletischen Wettkämpfe dieser Veranstaltung — wie auch vorher und noch viele Jahre später das vereinsinterne Training — auf den Wegen des Meyerhofes ausgetragen werden mussten. Die Gerätewettkämpfe erfolgten im Meyerholz.

An allen Veranstaltungen im Nord-Verband, der Region im Norden des Kreises Bersenbrück mit Vörden und Engter, nahmen die Turner und Turnerinnen des TVM teil und errangen gute Erfolge, wie hier z.B. aus alten Unterlagen zur 50-jährigen Jubelfeier des Quakenbrücker Turnvereins im Jahre 1927 hervorgeht:

 

Siegerliste – Sechskampf Frauen

 

1.

Bentlage

Quakenbrück

103 Punkte

2.

Germar

Quakenbrück

102 Punkte

3.

Buchholz

Badbergen

95 Punkte

4.

Budde

Menslage

94 Punkte

5.

Brinker

Menslage

93 Punkte

5.

Kramer

Menslage

93 Punkte

6.

Schulz

Quakenbrück

92 Punkte

6.

Bruns

Quakenbrück

92 Punkte

7.

Wachhorst

Menslage

90 Punkte

8.

Strobeck

Menslage

88 Punkte

9.

Kamper

Bippen

87 Punkte

9.

Weymann

Menslage

87 Punkte

10.

Kaiser

Gehrde

86 Punkte

11.

Bierhake

Fürstenau

85 Punkte

11.

Meyer

Bippen

85 Punkte

11.

Nortrup

Menslage

85 Punkte

 

Der stete Leistungsanstieg war neben Vorturnern und Riegenführern dem damaligen, schon 1922 auf Aloys Ehmig folgenden Vereinsvorsitzenden Hauptlehrer Wilhelm Lieke zu danken, der die Geschicke des Vereins von 1922 bis 1933 vorbildlich leitete.

In mustergültiger Zusammenarbeit

 

Des Vorstandes                        und den Riegenführern:

Wilhelm Lieke                           Hermann Niemann

Ludwig Ebbinghausen              Willy Gehrke

Hermann Bönker                      W. Borcherding

Ernst Schürmann                     Hermann Hippe

Oskar Thesfeld                          Hermann Asmus

Hermann Dilly                           Emil Dodzuweit

 

entwickelte sich der TVM zu einer echten Turngemeinschaft.

 

Eifrig turnte man wöchentlich in allen Riegen der Frauen, Männer und Kinder, trainierte Leichtathletik und spielte Faustball. Auch Schwimmwettkämpfe in der Hase standen später im Programm.

Hierzu wurde im Jahre 1928 eine sogenannte Badeanstalt errichtet, die aus dem Nichtschwimmerteil (Bühnenbach), dem Bereich für Schwimmer (Hase), je 1 Einstiegstreppe, einem Badehaus und einem Sprungbrett bestand. Im gleichen Jahr gründete man eine Fußballmannschaft. Sie spielte bis 1934 für den Verein.

Ihr turnerisches Können bewiesen alljährlich die Turnriegen anlässlich des Stiftungsfestes auf Königs Saal, der übrigens auch in Winterszeiten den Turnabteilungen als Übungsstätte diente. Dieses Fest war der Höhepunkt im Vereinsleben und eine Zurschaustellung des Leistungsstandes.

 

Besondere Beachtung fanden das Geräteturnen der Männer und die Darbietungen der Damenriege, die mit Stabübungen, Keulenschwingen und Volkstänzen aufwartete.

Aber nicht nur der Turnbetrieb hielt die Turnerschaft zusammen. Im Februar eines jeden Jahres feierten Alt und Jung in Fröhlichkeit miteinander den „Gemütlichen Abend“ der noch heute bei vielen Turnerinnen und Turnern schönste Erinnerungen weckt. Ausflüge waren eine weitere Abwechslung u nd oft auch ein großes Erlebnis:

 

1927 fuhr eine fröhliche Turnerschar nach Wangerooge

1928 nach Dissen - Rothenfelde

1929 zum Dümmer

1930 nach Porta-Westfalica

1932 ins Sauerland.

 

Nach 1933 verlor der Verein seine Zugkraft. Die Ideale der Jugend wurden in eine andere Richtung gelenkt. Im Zuge der Gleichschaltung von Verein und Partei legte man dem langjährigen Vorsitzenden Wilhelm Lieke seitens der NSDAP nahe, sein Amt abzugeben, ernannte ihn auf der Versammlung vom 2. Oktober 1933 zum Ehrenvorsitzenden und wählte Ludwig Ebbighausen zum neuen Vorsitzenden, der seinerseits jetzt als Führer des Vereins den weiteren Vorstand bestimmen sollte. Dank seiner geschickten Amtsführung gelang es trotz aller Einflußnahme von außen, den Turnbetrieb in gewohntem Rahmen aufrecht zu erhalten.

Ihm zur Seite stand vor allem der s.Zt. beste Turner und Freund der Jugend Karl Heckel, der noch bis 1936 mit den unter seiner Leitung turnenden Damen- und Männerriegen an verschiedenen Gerätewettkämpfen teilnahm.

Doch dann häuften sich die Schwierigkeiten. Immer mehr Turner wurden zum Wehrdienst einberufen, bis mit dem Kriegsbeginn das Vereinsleben völlig zum Erliegen kam. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen alte Turner die Wiederbegründung des Vereins vor. Der neugewählte Vorstand, bestehend aus den Mitgliedern

 

Ludwig Ebbinghausen, Walter Broking, Ernst Schürmann, Hans Hartke, Hans Früh, Ludwig Foeth, Gustav Osing, Heinz Wernke, Georg Holetzko, Rudi Göddemeier,

 

wurde zur Wiederaufrichtung des Turnbetriebes vor schwierige Aufgaben gestellt. Übungsraum (Königs Saal_) und sämtliche Geräte waren bei den Kämpfen um Menslage am 9. Und 10. April 1945 zerstört.

Zunächst fanden sich hiesige und aus ihrer Heimat vertriebene junge Männer zusammen und gründeten eine Fußballmannschaft, während die weibliche Jugend ebenfalls im Mannschaftsspiel wie Handball und Faustball ihre sportliche Betätigung suchte.

Da mangels eines Platzes im Dorfe keine Möglichkeit bestand, diese Sportarten zu treiben, war es ein Glücksfall für unsere ehrgeizigen Fußball-, Handball- und Faustballspieler und Spielerinnen, in Renslage auf dem Gelände des ehemaligen RAD-Lagers eine ideale Sportanlage zu finden, die die Besitzerin Irmgard Bodemann dem Verein in großzügiger Weise zur Verfügung stellte.

Schon bald brachten es alle Mannschaften zu beachtlichen Erfolgen. Die Fußballspieler spielten nach harten Aufstiegskämpfen in der Bezirksklasse, die Damen-Handballmannschaft belegte einen guten Mittelplatz in der Tabelle der Kreisklasse und unsere Faustballspielerinnen maßen sich in den Jahren 1948 bis 1958 als kreisbeste Mannschaft auf großen Turnieren in Hannover, Delmenhorst, Hildesheim und Braunschweig mit so bedeutenden Vereinen wie TKH Hannover, Post Hamburg, MTV Braunschweig, OTB Oldenburg u.a.m.

Aber auch bei anderen Veranstaltungen auf Kreis- oder Bezirksebene war der Verein stets mit aktiven Abordnungen vertreten. Lt. Protokoll vom 11. Februar 1949 nahmen im Jahre 1948 Turner und Turnerinnen an folgenden Wettkämpfen teil:

- Kreissportfest in Bramsche,
- Kreisturnfest in Quakenbrück, Bezirksturnfest in Meile,
- Vereinsturnfest in Bersenbrück, Kreismeisterschaften im
- Faustball in Quakenbrück und Bersenbrück,
- Sportwoche in Löningen, Faustballturnier in Gehrde.

Am 27. August 1948 trug der TVM selbst leichtathletische Vereinsmeisterschaften aus, an

denen die Kreisturnriege mit ihren gekonnten Darbietungen an Reck, Barren und Pferd

beeindruckte.

Man versprach sich hierdurch eine werbende Wirkung für das Geräteturnen. In einem

Zeitungsbericht zu diesem Fest heißt es u.a. "...es wäre zu begrüßen, wenn der turnerische

Gedanke auch in Menslage eine Wiederbelebung erfahren würde..."

 

Leider musste jedoch das Turnen so lange ruhen, bis endlich im Jahre 1951 der erste

Bauabschnitt der Volksschule fertiggestellt war. Dieses bedeutete einen weiteren Fortschritt, obgleich nur unter ganz dürftigen Verhältnissen auf dem Schulboden geübt

werden konnte. Mit einer kaum zu überbietenden Begeisterung und später nie wieder

erreichten Stärke turnten Männer und Knaben unter den Vorturnern Friedel Asmus und

Ludwig Foeth.

Um die Förderung des Frauen- und Mädchenturnens machte sich Inge Frings in besonderem Maße verdient. Ihrem unermüdlichen Einsatz ist zu danken, wenn das Turnen dieser

Abteilungen in seiner ganzen Vielfältigkeit zu neuer und voller Entfaltung kam.

 

 

Stiftungsfest 1954 auf Königs Saal. Der Vorsitzende Ludwig Ebbighausen begrüßt die Gäste.

Die Turnriegen sind bereit zum Schauturnen.

 

Außer den Fußball- und Handballmannschaften, die auf dem Höhepunkt ihres Leistungsstandes den Spielbetrieb im Jahre 1952 einstellen mußten (seit der Zeit stand der

Sportplatz in Renslage nicht mehr zur Verfügung), arbeiteten jetzt alle Sparten wieder.

Männer-, Knaben-, Frauen- und Mädchenriegen, Faustballmannschaften der Männer und

Frauen sowie die leichtathletischen Abteilungen in allen Altersgruppen fanden alljährlich Gelegenheit, ihr Können in sportlichem Wettkamp mit auswärtigen Vereinen zu messen. Stellvertretend für viele andere Veranstaltungen soll hier das Bezirksturnfest in Neuenhaus im Jahre 1954 genannt werden, an dem der Veien an beiden Tagen mit starken männlichen und weiblichen Wettkampfgruppen vertreten war, und das für alle Teilnehmer ein besonderes Erlebnis geblieben ist, gerade auch, weil am letzten Tage dieses Festges bei der Fußball-Weltmeisterschaft in der Schweiz die deutsche Mannschaft das Endspiel gegen Ungarn gewann, und Deutschland damit Fußball-Weltmeister wurde. Mit der Fertigstellung der Turnhalle im Jahre 1956 ging ein langjähriger Wunsch in Erfüllung.

Alle Riegen konnten jetzt unter besten Voraussetzungen ihr Übungsstunden gestalten. Ebenso war es nunmehr möglich, Turnspiele wie Prellball, Korbball, Volleyball und Tischtennis ins Programm aufzunehmen, auch die ganz Kleinen in der Krabbelriege hatten einen geeigneten Übungsraum mit den erforderlichen Geräten zur Verfügung, während die Frauen mit noch mehr Schwung und Freude auf dem schönsten Parkettboden der Halle Gymnastik betreiben konnten – dieses bis zum heutigen Tage unter der bewährten Leitung von Marlene Küll.

Erst 1963 wurde der Sportplatz angelegt.

Jetzt endlich war der TV Menslage in der Lage, eigene Turnfeste durchzuführen und überörtliche Wettkämpfe auszurichten.

Die erste Großveranstaltung auf dem neuen Platz fand im Jahre 1965 statt, als der TVM das Kreisturnfest übernahm.

Nahezu 600 Turnerinnen und Turner aus dem gesamten Kreisgebiet trafen sich im festlich geschmückten Dorf und wetteiferten auf dem gepflegten neuen Sportplatz um Medaillen und Urkunden.

Einen schmerzlichen Verlust erlitt der Verein 1969 durch den Tod seines hochverdienten Vorsitzenden Ludwig Ebbighausen. Über 3 ½ Jahrzehnte hatte er den TVM durch gute und schwere Zeiten engagiert und souverän geleitet.

Sein Nachfolger wurde Friedel Asmus. Mit Erfahrung und Tatkraft und beseelt von turnerischen Idealen führte er den Verein bis 1986. Für verdienstvolle Vereinsarbeit erhielt er 1980 die silberne Ehrennadel des Deutschen Turnerbundes.

In der Zeit seiner Tätigkeit als Vorsitzender fiel die Neugründung einer Fußballabteilung. Wie überall fand dieser Sport großes Interesse. Die Spieler hatten – sehr zur Freude auch der alten Fußballer – schon bald Erfolg. Sie spielten heut in der 1. Kreisklasse.

Auf der Generalversammlung am 13. August 1986 wurde Hermann Burmester einstimmig zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er versteht es, Tradition zu wahren, aber auch die Vereinsführung den Erfordernissen der sich schnell verändernden Zeiten anzupassen. Die Interessen des Vereins vertreten mit ihm die Vorstandsmitglieder:

 

Bernd Ebell, Margret Hollermann, Ludwig Foeth, Walter Koplin und Annelie Schuschel.

 

1988 war der TVM Ausrichter des Kreisjugendturnfestes, an dem fast 500 Kinder teilnahmen.

 

(Aus "Kirchspiel Menslage" Beiträge zur Geschichte 1990; Hrgb. Gemeinde und Heimatverein, Menslage 1990)